„Jeder fährt auf eigenes Risiko”

Mr. Roetty über das “Death Valley Race”, seine Gefahren und warum jeder dennoch eine Chance hat

Von John Brubacker


Mr. Roetty, Sie sind  Mitorganisator des „Death Valley Race“, das jährlich auf dem Mond Daymar stattfindet – neben der „Daymar Rallye“ vielleicht eine der gefährlichsten Sportveranstaltungen im Stanton-System. Erzählen uns doch einmal, was es mit diesem Rennen auf sich hat.

Das „Death Valley Race“ ist ein so genanntes Death-Match-Event bei dem mehrere Teams aus unterschiedlichen Rennställen gegeneinander antreten. Es findet in der Regel einmal Jahr jeweils im Sommer statt. Die Teams bekämpfen sich dabei in mehreren Durchgängen und versuchen, sich gegenseitig mit Waffen auszuschalten. Kurz gesagt: Wer überlebt, kommt weiter. Aktuell dürfen maximal 50 Racer inklusive Event-Teams teilnehmen, geplant sind aber auch schon größere Veranstaltungen.

Wie funktioniert es grundsätzlich?

Nachdem sich jedes Team mit seinen Fahrzeugen ausgestattet und zur Rennstrecke begeben hat, treten zuvor ausgeloste 3er-Teams, bestehend aus je einem Fahrer, einem Gunner und einem Schützen, der sich irgendwo auf der Rennstrecke befinden kann, gegeneinander an. Es ist alles erlaubt, um sich gegenseitig um die Ecke zu bringen. Das Areal darf nur nicht verlassen werden.

Ist es eigentlich schwer, so eine Veranstaltung auf die Beine zu stellen? Sie haben es sicherlich mit allerhand Bürokratie und Auflagen zu tun…selbst auf einem Mond wie Daymar wachsen ja ein paar Pflanzen. Mussten Sie hier zum Beispiel Umwelt- und Naturschutzauflagen beachten? Vielleicht können Sie mal ein wenig aus dem Nähkästchen plaudern, was alles zu so einem Rennen dazugehört?

In der Tat gibt es einiges zu beachten. So mussten wir beispielsweise über ein Fahrzeug-Reglement sicherstellen, dass keinerlei chemische Substanzen wie Schmiermittel und Treibstoffe in die Umwelt gelangen. Zudem wurden unter anderem magnetische Lager sowie Fusions-Antriebe vorgeschrieben, welche die Fahrzeuge unterm Strich sehr teuer machen. Es war in der Vergangenheit keine Seltenheit, das ein Rennteam nach Kenntnisnahme der Auflagen einen Rückzieher gemacht hat.

Auch das Thema Sicherheit erfordert während der Planung relativ viel Aufmerksamkeit. Eine Ansammlung von so vielen Schiffen und Fahrzeugen ist für Outlaws ein gefundenes Fressen. Zwar wird Daymar über das Satelliten-Security-System überwacht, aber wie wir alle wissen, wird dieses in regelmäßigen Abständen von Piraten und anderen gesetzlosen Organisationen gehackt und bietet daher keinen wirklichen Schutz. Deshalb haben wir ein eigenes Security-Team im Einsatz, welches speziell auf diesen Einsatz geschult wurde.

Des Weiteren haben wir ein kleines Filmteam und einen Schiedsrichter sowie einen Live-Streamer für Spectrum. Sie kümmern sich um die Aufzeichnung beziehungsweise Live-Übertragung des Events, klären Unstimmigkeiten und geben den Sieger der jeweiligen Rennen bekannt. Eine weitere wichtige Person ist der Kommunikations-Assistent. Er sorgt für eine reibungslose Kommunikation zwischen dem Organisations-Team und den Rennteilnehmern.

Rennen mit Fahrzeugen zu fahren, ist ja keine Erfindung des 30. Jahrhunderts. Um die Wette gesaust wird ja schon seit 1000 Jahren. Legendär bis heute ist die Rallye Paris-Dakar auf der Erde. Gleichwohl: Aufeinander geschossen wird dabei ja eher selten. Kann man sagen, dass ein Rennen wie das „Death Valley Race“ daher eher ungewöhnlich ist, um nicht zu sagen lebensgefährlich? Welche Verantwortung spüren Sie als Organisator dahinter gegenüber den Teilnehmern? Gibt es Klauseln die Sie als Veranstalter bei Tod und Verletzung zum Beispiel von Verantwortung entbinden?

Wir haben natürlich eine große Verantwortung den Rennteilnehmern, aber auch den Zuschauern gegenüber. Wir sind allerdings der Meinung, dass unsere Veranstaltung und das Risiko, hierbei verletzt zu werden, bei weitem nicht mehr so hoch sind wie damals. Das verdanken wir etwa der rasanten Entwicklung in der Sicherheitstechnik. Sehen Sie, alleine der Ganzkörper-Airbag der für alle Teilnehmer verpflichtend getragen werden muss, macht ernsthafte Verletzung praktisch unmöglich.

Die neuste Generation dieser Anzüge – an der wir im Übrigen aktiv mitentwickelt haben – ist nun in der Lage, eine kritische Situation vorauszusehen und sich entsprechend zu aktivieren. Das System ist mittlerweile so schnell, dass es ein sich näherndes Projektil, welches sich im Kollisionsvektor der Person befindet, erkennt und eine entsprechende Schutzmaßnahme einleitet. Bei den Fahrzeugen sieht das ganze natürlich anders aus. Diese werden im Laufe eines Rennens fast immer zerstört. Aber genau das ist es ja, was die Zuschauer begeistert. Aber wie Sie schon sagten, haben wir in unseren Teilnehmerverträgen natürlich auch eine Klausel, die besagt, dass jeder Rennteilnehmer auf eigenes Risiko fährt.

Ärzte, Bluttransfusionen, gegebenenfalls Kryokapseln, um Verletzte bis zu einer rettenden Operation am Leben zu erhalten – ganz schön viel Aufwand für ein Rennen, finden Sie nicht?

Ja, natürlich…nein, im Ernst. Der Aufwand lohnt sich in jeder Hinsicht. Am Ende bieten wir stets ein großartiges Event, dem inzwischen viele Millionen Bürger unseres Sonnensystems über das ganze Jahr hinweg entgegenfiebern. Und ganz nebenbei: Es macht uns riesigen Spaß, eine solche Veranstaltung auf die Beine zu stellen und am Ende die Begeisterung der Zuschauer und Rennteilnehmer zu sehen.

Würden Sie sagen, dass die Zuschauer an dieser Entwicklung mit Schuld sind weil sie immer mehr Blut sehen wollen? Oder liegt die Verantwortung auch bei den Veranstaltern, die sich gegenseitig mit immer spektakuläreren Rennen gegenseitig unter Druck setzen? Gibt es vielleicht auch Grenzen, die man besser nicht überschreiten sollte?

Es ist in der Tat so, dass sich die spektakulärsten Formate über die Zeit durchsetzen. Der Trick ist es, ein großes Spektakel zu veranstalten und das Risiko für Leib und Leben zu minimieren. Dank der bereits erwähnten Technik sind wir damit momentan die einzigen, die so etwas bieten können. Sicherlich ist das auch ein großer Teil unseres Erfolgskonzeptes.

Wie sieht es eigentlich mit der Logistik für solch ein ungewöhnliches Rennen aus? Sie müssen ja erstmal alles nach Daymar schaffen – vom Begleitschiff bis zum Werkzeugkoffer… ist das ein logistischer Alptraum, wenn es vor Ort im Grunde nichts gibt als endlose Sandwüste? Wie lange dauern dafür die Vorbreitungen? Von wo aus haben Sie das alles organisiert?

Die Logistik wird zum größten Teil von den teilnehmenden Teams selbst übernommen. Wir stellen die Location und das gesamte Drumherum. Bis auf ein paar Kleinigkeiten ist es daher kein besonderer Mehraufwand im Vergleich zu einem herkömmlichen Rennen. Um die Frage zu beantworten: Die logistische Vorbereitung dauert zirka eine Woche.

Aus welchem Holz muss man eigentlich geschnitzt sein, um bei solch einem Rennen mitzumachen? Anders gefragt: Welche Qualitäten muss man besitzen, um beim „Deatch Valley Race“ bestehen zu können?

Nun, natürlich muss man unbedingten Siegeswillen besitzen. Wer schon im normalen Verkehr nervös wird, weil neben Ihm ein Muscle-Car den Motor kurz „anwuppt“, ist sicher nicht der geeignete Fahrer. Auch sollte man keine Angst vor Waffen haben. Aber das war es im Grunde auch schon. Wenn sich das Team gut versteht und alle das gleiche Ziel – den Sieg – vor Augen haben, ist das schon die halbe Miete. Wir haben schon Teams gewinnen sehen, denen man nicht mal zugetraut hätte, dass sie es alleine über die Straße schaffen.

Haben Sie eigentlich keine Befürchtung, dass es Nachahmer geben könnte? Oder dass solch ein Rennen als Vorbild für Piratenattacken dienen könnte, wenn sie auf Holovids die Taktiken der Teilenehmer des „Death Valley Race“ studieren?

Nachahmer gibt es leider immer. Wenn jemand unbedingt so ein Event ausrichten will, dann wird man das kaum verhindern können. Aber meistens merken die Leute schnell, dass so ein Event dann nicht „mal so eben“ auf die Beine zu stellen ist. Oft nehmen sie dann doch Abstand von Ihrer Idee – oder es funktioniert nicht so wie gewünscht. In beiden Fällen steht das Original dann sogar besser da als vorher.

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