„In der UEE leben alle in einer Blase“

Freelancer Zero Sense über seine Antipathie gegenüber der UEE und das Gefühl absoluter Freiheit

Von John Brubacker


Guten Tag! Diesmal wollen wir das Empire verlassen und begeben uns in das Sternensystem Nyx, konkreter gesagt auf den kleinen Asteroiden Delamar. Dort beheimatet ist Levski, eine Siedlung, bevölkert von Freidenkern. Gegründet während der Messer-Diktatur ist die Ansiedlung bis heute Ort für politische Radikale mit einer gewissen Anti-UEE-Haltung. Und von eben dort kommt unser heutiger Gast Zero Sense.

Was heißt hier Radikale? Wir sind anders als die UEE-Mitbürger! Aber das heißt doch nicht gleich, dass wir radikal sind…

…oh, ich wollte Sie nicht gleich verschrecken – aber vielleicht können Sie sich erst mal ein wenig vorstellen.

Gerne. Also wo komme ich eigentlich her? Ursprünglich komme ich aus dem Nul-System vom Planeten Ashana. Ich bin aufgewachsen im Wrack der alten Olympus, was ja ein Schwarzmarkt ist. Deswegen war ich natürlich auch immer von dubiosen Menschen umgeben. Ich habe Botengänge für Gangster-Lords gemacht. Es war nicht immer ganz einfach und ich war Zeit meines Lebens eigentlich immer auf der Suche nach einem besseren Leben. Und das hat mich dann nach Levski verschlagen. Mittlerweile bin ich viel im Stanton-System unterwegs. Ich bin als Freelancer tätig, übernehme Aufträge, allerdings keine Menschenjagd. Ich bin ein friedfertiger Mensch. Was ich so mache…nun…ich besorge und liefere dieses und jenes, was die Menschen eben so benötigen.

Und irgendwann bin ich auch tatsächlich mal ins Mining eingestiegen. Ich dachte ich muss das mal ausprobieren, denn Levski ist ja eine alte Bergbaustation. Also Mining liegt da ja quasi in meinen Genen. Und ich muss auch ehrlich sagen, Mining ist aktuell meine beste Einnahmequelle. Allerdings machen es einem die Konzerne des UEE beim Mining nicht gerade leicht, insbesondere in Stanton. Anfangs war das freie Mining völlig verboten. Man hat eine spezielle Lizenz von den Großkonzernen gebraucht. Dann haben sie das Mining irgendwann freigegeben. Allerdings durfte man die Erze nur an die Großkonzerne verkaufen. Da hatten dann die freien Völker überhaupt nichts davon. Wie immer, die Konzerne sacken alles für sich ein. Irgendwann haben sie aber eine Ausnahme gemacht und man konnte über Port Olisar die Erze exportieren. Und endlich hatten die freien Völker auch was davon.

Erst mal vielen Dank, dass Sie sich so ausführlich vorgestellt haben, aber das geht mir schon sehr in die Tiefe. Wir würden gern zunächst einmal Ihr Leben in einen etwas größeren Kontext  einordnen. Vielleicht können wir noch mal einen geistigen Schritt zurück machen. Wie muss man sich eigentlich das Leben auf Levski vorstellen unter lauter Gesetzlosen? Ist das gefährlich? Bedrohlich? Bestiehlt dort jeder jeden? Gibt es dort quasi eine Art Gleichgewicht der Kräfte? Beschreiben Sie uns doch mal ein wenig genauer, wie weit es tatsächlich her ist mit der viel beschworenen Unabhängigkeit und dem autonomen Leben zwischen den Sternen?

Was heißt hier Gesetzlose? Natürlich gibt es Gesetze in Levski, lokale Gesetze. Es sind halt keine UEE-Gesetze. Levski ist nicht Grimhex. Und die Menschen, das sind keine Gesetzlosen, das sind Flüchtlinge. Die sind einst geflüchtet vor dem Messer-Regime. Jetzt sind es Flüchtlinge vor den Repressalien des UEE. Und vielleicht wissen Sie es ja gar nicht. Es sind auch viele Intellektuelle und Pazifisten nach Levski geflohen. Sind die in Ihren Augen etwa Kriminelle?

…auf keinen Fall. Das wollte ich auch nicht unterstellen…

Aber nun stellt sich eine Frage: Wenn die Menschen flüchten müssen, wer sind dann die  Gesetzlosen? Sind es die Flüchtlinge? Wohl kaum. Und sie haben die Unabhängigkeit angesprochen. Ja, wir auf Levski sind unabhängig. Levski ist eine Freetown. Das macht das Leben aber auch schwer. Also Levski ist, wie ich schon gesagt hatte, eine alte Bergbaustation, die völlig auseinander fällt. Es ist unheimlich schwer, an Ersatzteile oder an Rohstoffe zu kommen. Das UEE bekämpft uns jetzt zwar nicht aktiv, aber es hungert uns aus. Wir sind vollkommen auf uns selbst gestellt und im UEE, da würde auch keiner zucken, wenn wir alle krepieren. Im Gegenteil: Die würden sich ins Fäustchen lachen, wenn das passieren würde. Und ich weiß wirklich, wovon ich rede. Ich habe lange Zeit auf Levski als Wartungstechniker gearbeitet und da muss man echt kreativ sein, um das Zeug zusammenzuhalten. Aber – die Unabhängigkeit, die lohnt sich.

Es ist zwar ein einfaches und hartes Leben auf Levski, aber auch wirklich ein befreiendes. Ich kenne keine Bar im gesamten Verse, die so cool ist wie das Café Musain auf Levski. Da können diese ganzen Lackaffen-Bars im Rest der UEE überhaupt nicht mithalten. Und, die Leute aus Levski, die sind hilfsbereit, man unterstützt sich gegenseitig. Es ist kein Kampf jeder gegen jeden, sondern es ist ein Miteinander. Nicht wie in der UEE, wo jeder nur auf seinen eigenen persönlichen Vorteil bedacht ist. Und wir haben auch keine Zweiklassengesellschaft Citizens und Civilians. Wir sind eine Gemeinschaft, die auf gegenseitiger Verantwortung beruht.

Also ich finde, man hört ja schon eine gewisse Grundstimmung heraus. Da waren jetzt  ganz viele Punkte in einer Antwort drin. Lassen Sie uns doch mal daran teilhaben, was Sie eigentlich so grundsätzlich gegen die UEE haben. Ist es nicht eigentlich per se gut, einen funktionierenden Staatsapparat zu haben, der zumindest versucht, über größere Distanzen eine Art Gemeinwesen zu schaffen? Bei all den Dingen, die es auch immer zu verbessern gibt?

Es ist eine hehre Vorstellung. Aber haben wir wirklich ein Gemeinwesen? In Wirklichkeit geht es doch in der gesamten UEE entweder nur um die Wirtschaft oder es geht nur um die Wissenschaft. Oder es geht nur um persönliche Interessen. Aber es geht nie um die Menschen. Oder es geht auch nicht um die Gemeinschaft. Die leben doch alle in einer Blase und die in den äußeren Systemen, die müssen dann den Blutzoll zahlen. Und wenn ich das schon höre – „Citizens“. Es ist im Grunde ein elitärer Kreis. Und an die Menschen, die am Rande des UEE leben, die sozial am Rand stehen, die wirklich täglich um ihr Überleben kämpfen – an die denkt im Grunde keiner. Und das ist seit Jahrhunderten schon so…

Finden Sie das nicht ein bisschen hart formuliert? Also, ich meine gerade die Imperator-Wahl letztens hat doch gezeigt, dass sich alle im Verse alle Mühe geben wollen, den besten Mann für die beste Sache zu finden.

Was soll die Imperator-Wahl gezeigt haben? Die ganze Wahl war doch ein einziger Betrug! Eine echte Wahl hätte echte Alternativen geboten. Also ich konnte jedenfalls keinem dieser fünf Kandidaten irgendwas abgewinnen. Die Programme von denen waren alle total eindimensional. Entweder nur Wirtschaft oder nur Wissenschaft. Das letztlich Addison gewonnen hat, ist zwar schön für die Menschen, die auf Technologie und auf Fortschritt stehen und irgendwie eine künstliche Intelligenz in ihre Schiffe einbauen wollen. Aber ich wette, am Ende werden die Menschen wieder unter die Räder kommen.

Also mal ganz ehrlich, was wäre denn Ihrer Meinung nach die Alternative für ein besseres Gemeinwesen?

 Also ich glaube, wir müssen unser Gemeinwesen komplett neu strukturieren. Wir brauchen eine echte Gemeinschaft, so wie wir es auch auf Levski haben. Eine Gemeinschaft, wo jeder Verantwortung übernimmt für den anderen. Miteinander, nicht gegeneinander und vor allem nicht immer alles für diese Großkonzerne. Und wenn ich mir den Senat angucke – denen sind doch die Menschen völlig egal. Die sind komplett abgekoppelt von den Menschen, vor allem von denen, die weit draußen in den äußeren Systemen leben. Die Vertreter im Senat müssten mal wissen, wie das wahre Leben wirklich ist. Sie müssten wissen, was die Menschen wirklich brauchen, was den Mitmenschen nützt und was ihnen hilft. Und nicht nur, was dieser elitäre Kreis der Citizen braucht oder was die Großkonzerne wollen.

Vielleicht können Sie ja mal konkretes Beispiel benennen. Was brauchen die Menschen denn Ihrer Meinung nach?

Ein selbstbestimmtes Leben! Freier Handel, ohne dass bei jeder Transaktion die Konzerne die Finger mit im Spiel haben, den freien Zugang zu Ressourcen, ohne dass die Konzerne bestimmen, wer eigentlich was bekommt.

Sie und Ihre Mitstreiter unterstellen den Großkonzernen wie Shubin Interstellar immer wieder dunkle Machenschaften. Können Sie das ein wenig ausführen, ohne gleich eine Attacke zu fahren…

Und was heißt hier, ohne eine Attacke zu fahren? Die Konzerne, die attackieren doch die Freiheit. Und ich kann Ihnen eins sagen. Ich hatte einige Aufträge als Freelancer von Shubin und glauben Sie mir: Allein die Tatsache, dass Shubin inoffiziell auf Grimhex nach Freelancern sucht, das zeigt doch schon, wie dunkel deren Machenschaften sind. Und ich habe auch Beweise dafür, dass Shubin in den Drogenkrieg verwickelt ist. Ein Freund von mir ist dabei ums Leben gekommen, auch da steckt Shubin dahinter.

Das sind sehr schwerwiegende Vorwürfe, die Sie erheben. Können Sie diese belegen? Oder wenigstens ein Beispiel geben, wie sie darauf kommen?

Reicht das noch nicht als Beweis? Shubin akquiriert inoffiziell auf der Piratenbasis Freelancer, die dann inoffiziell Aufträge für Shubin übernehmen, von denen keiner was mitkriegen soll. Und überhaupt, was heißt hier Beweise? Was sollen die bringen? Das UEE  interessiert sich doch nicht für Beweise. Die decken doch wieder nur die Konzerne.

Denken Ihre Mitbewohner auf Levski eigentlich alle so wie Sie? Freidenker, Unabhängigkeit – alles gut und schön. Aber soweit ich das heraushöre, handelt es sich bei Levski nicht vielmehr um eine Brutstätte potenzieller Krimineller? Aus gefühlter Ablehnung, die quasi aus jedem ihrer Sätze spricht und aus Furcht erwächst normalerweise irgendwann Aggression. Ich will Ihnen ja auch keinesfalls was unterstellen, aber Sie müssen schon verstehen, dass die Frage durchaus Ihre Berechtigung hat…

Allein mit der Frage haben Sie bereits was unterstellt, auch wenn Sie behaupten, dass nicht zu wollen. Aber Sie sollten wirklich mal nach Levski kommen und das Leben dort spüren. Dann würden Sie erfahren, was Leben wirklich heißt in der Blase des UEE. Das ist hier doch alles Fake! Es ist nicht selbstbestimmt und wenn Sie das bei uns wirklich spüren würden, dann würden Sie erkennen, was es heißt, um sein Leben zu kämpfen…um seine Freiheit, um seine Selbstbestimmung. Wir in Levski, wir werden kriminalisiert. Wir sind aber nicht von uns aus kriminell.

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