Ein Tag, um sich zu Erheben

Geschichte, Vermächtnis, Auftrag und Zukunft von “Citizen Day ” und “CitizenCon”

Von John Brubacker & Nick Cartago


Die frühe, frische Luft des aufgehenden Tages – sie umweht uns hier oben auf dem Dach der Sendezentrale von „Radio Infinity“ auf einem der Wolkenkratzer von Area 18. Wir blicken hinaus auf das wunderschöne Lichtermeer, auf die unzähligen Gebäude voller Leben und Schicksale, die in ihnen zu Hause sind. Der stete Strom des Stadtplaneten, der Wind des Lebens, er zieht umher zwischen den Häusern, wechselt immer mal wieder die Richtung und seine Intensität, weht mal stärker und mal schwächer. Er ist ein Sinnbild für das Leben selbst. Er umschmeichelt uns, als wollte er sagen: Sieh her, es wird ein guter Tag werden in diesem Empire. Wer weiß, was er bringen wird. Wer weiß, was du heute Abend erlebt haben wirst. Welche Begegnungen dir neue Horizonte aufgezeigt und eröffnet haben werden.

Ja, ein Bürger des Empires zu sein, ist ein großes Privileg. Eines, das verdient sein will. Und vor allem eines, das mehr ist als nur ein Wort. Ein Citizen zu werden, ist die Beschreibung für eine Lebensphase in den uns geschenkten Jahren, wenngleich das Empire alles andere als perfekt ist – wie könnte es auch? Es ist ein Empire, das sich immer wieder neu finden und das seine Bürger immer wieder überzeugen muss. Ein Bürger des Empires zu sein, das bedeutet vor allem, eine innere Haltung zu besitzen. Man drückt den Rücken durch, nimmt das eigene Geschick in die Hand, lacht dem Teufel und dem Vanduul ins Gesicht, wenn es Not tut, und macht sich an sein Tagewerk. Das und noch viel mehr ist die Bedeutung des Bürgertages, des „Citizen Day“, der in diesem Monat gefeiert wird.

„Der heutige Tag soll alle daran erinnern, dass die Zukunft des United Empire of Earth das ist, was wir aus ihr machen. Wenn wir nicht nur ein besseres Universum für uns selbst, sondern auch für die kommenden Generationen wollen, so müssen wir ein solches erschaffen.“

Diese wohl gewählten Worte von Imperatorin Erin Toi vor bald 150 Jahren definieren unser Verständnis der „CitizenCon“, jenem Ort, an dem der Bürger feiert, was das Empire im Kern bis heute ausmacht: sich selbst. Dort wird wie nirgendwo sonst deutlich: Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. Der Kitt, der das Empire zusammenhält, besteht nicht etwa aus dem kalten Stahl der Raumschiffe und ihrer Feuerkraft, aus Verordnungen und Vorschriften, nicht einmal aus dem legislativen Rahmenwerk der UEE, nein der Kitt des Empires besteht im Engagement und dem Commitment eines jeden einzelnen Bürgers.

Seit mehr als anderthalb Jahrhunderten feiert die „CitizenCon“ nun schon all diejenigen, die das UEE zu einem besseren Ort machen wollen. Diese jährliche Konferenz stellt die Citizens ins Rampenlicht, feiert ihre Erfolge und konzentriert sich darauf, wie man das Empire noch besser machen kann, indem wichtige Themen hervorgehoben und diskutiert werden. Kurz gesagt: „Citizen Day“ und „CitizenCon“ verkörpern die Hoffnungen und Träume all derjenigen, die daran arbeiten, unser Universum für alle ein Stück zu verbessern.

Diese tragende Idee hat gerade in den vergangenen Jahren die „CitizenCon“ eine Renaissance erleben lassen. Anlass genug, die vergangenen Jahre ein wenig unter die Lupe zu nehmen. Sie haben gezeigt, wie sehr den Bürgern bei allen Differenzen und verschiedenen Lebenswegen das Empire doch gemeinsame Heimat ist. Nicht unbeteiligt daran dürfte die Situation eines jeden einzelnen Bürgers sein. Von äußeren Feinden bedroht, von innerparteilichem Gezänk zerrissen, dienen „Citizen Day“ und „CitizenCon“ vor allem der Selbstvergewisserung. Selbst der andauernde Zwist zwischen Erde und Terra über den künftigen politischen Hauptsitz des Empires scheint an diesem Tag vergessen. Vergessen sind für einen Moment auch die irrsinnigen Ausgaben des Militärs, die jeden Kostenrahmen sprengen – von den Kosten für die Synthworld ganz zu schweigen. Es ist ein Moment des inneren Aufrichtens und Innehaltens und es ist auch der Moment Ausschau zu halten nach dem, was Citizens im Empire zu bieten haben und wie unsere Zukunft aussehen könnte.

Im Jahr 2947 blickten die Citizens gebannt auf ihre Displays, als Silas Koerner die Consolidated Outland Pioneer vorstellte – ein gigantisches Konstruktionsschiff, das die Perspektive schon im Namen trägt: In Einsamkeit und Ödnis aufzubrechen und dort, wo es noch keiner wagte, etwas aufzubauen – und eine Perspektive zu schaffen für uns. Der Applaus, der damals im Auditorium aufbrandete und weit über alle CommArrays ins Empire hallte, ist ein unverrückbarer Beweis dafür, was uns Bürger in der UEE, aber auch darüber hinaus, miteinander verbindet. Es legt Zeugnis darüber ab, was uns Menschen von Natur aus innewohnt: Aufbruch und Entdeckung.

Ein weiteres Highlight konnten wir im Jahr 2949 verfolgen, als das UEE-Militär vorführte, welche Schlagkraft sich entwickeln kann, wenn luft- und bodengestützte Einheiten zusammenarbeiten. „Theaters of War“ nannte das Militär seine Vorführung. Ein Donnerhall – oder eben doch nur Theaterdonner? Nun, gleichwohl: Als die Xeno-Piraten unlängst aus Pyro erneut ins Stanton-System eindrangen und sich die Bürger des Empires dem in ihren privaten Schiffen entgegenstellten – was war das anderes als ziviles Engagement? Und entsteht ein solches nicht erst dadurch, wenn man sich der eigenen Kraft und Möglichkeiten bewusst ist? Als Bürger sowohl in als auch ohne Uniform?

Was war das anderes als ein starkes Statement, sich die wieder erlangte Freiheit nach dem dunklen Zeitalter der Messer-Ära und des Vanduul-Konflikts nicht einfach erneut entreißen zu lassen? Es ist immer wieder die „CitizenCon“, auf der Bürger einmal Schiffe steuern dürfen, die sie selbst nicht besitzen – unter Aufsicht natürlich, aber in voller Verantwortung. Kurzum: Für jeden Bürger des Empires ist dies der wichtigste Tag des gesamten Jahres – sei es nun nur virtuell über Spectrum oder direkt vor Ort, wenn man eine der begehrten Eintrittskarten ergattert hat, die jedes Jahr innerhalb von Sekunden vergriffen sind. 

Vergessen wir rund um die „CitizenCon“ nicht, dass das Event des Jahres nur ein Teil der Feierlichkeiten abbildet. Das UEE feierte den Bürgertag bereits seit Jahrhunderten, schon lange bevor es die erste „CitizenCon“ gab. Als die Regierungen der Erde im 22. Jahrhundert zum ersten Mal das bis heute aktuelle Konzept der Bürgerschaft einführten, folgte der Bürgertag, also der „Citizen Day“, kurz darauf als Möglichkeit, bürgerliche Pflicht und Verantwortung gleichermaßen zu zelebrieren. Später sollte es der Tag werden, an dem neue Bürger eingeschworen wurden. Für hunderte Jahre war der Tag ein gesetzlicher Feiertag, an dem die Leute nicht zur Arbeit mussten und Kinder an die Wichtigkeit des Erreichens der Bürgerschaft erinnert wurden.

Und doch hat auch dieser Tag eine dunkle Vergangenheit – die ihn heute aber umso heller erstrahlen lässt. So wurde er, was heute kaum noch jemand weiß, einst von hochrangigem Militärs initiiert. Eine Welle von Vanduul-Überfällen im Tiber System hielt das Empire in Atem. Die Truppen erlitten Verluste, Ressourcen gingen zur Neige und sie befürchteten, dass die Verlegung von Truppen von der Perry Linie nach Tiber von den Xi’an als Schwäche interpretiert werden könnte. Das Militär brauchte mehr Piloten, Crews, Soldaten. Deswegen schlugen sie dem damaligen Imperator Galor Messer IX einen Bürgertag vor, der „die Bürger und die Opfer feiert, die sie bringen, um ein besseres Empire zu erschaffen.“

Oberflächlich betrachtet, erreichte der Bürgertag zwar seine Ziele, erzeugte gleichzeitig aber auch eine Gegenbewegung aus Aktivisten, die begannen, die wahre Macht zu feiern – nämlich den Bürger selbst. Es war ein weiterer Funke an der Zündschnur, die das Messer-Regime schließlich zum Einsturz bringen sollte – und so wurde tatsächlich eine bessere Zukunft geschaffen. Insofern bildet der „Citizen Day“ tatsächlich das Beste im Menschen  ab – ein Tag, um sich zu erheben, in jedem Sinne.

Imperatorin Erin Toi lud am 10. Oktober 2793 dann schließlich zur ersten „Citizen Day“-Konferenz nach New York ein. Toi hielt  eine mitreißende Rede darüber, dass die Zukunft des UEE nun wahrlich in den Händen der Bürger lag. Die meisten Menschen sehen die Einführung der „CitizenCon“, wie sie bald genannt werden sollte, heute als Erfolg an – auch wenn manche Kritiker sie als aufgeblähte Werbe-Kampagne für das UEE bezeichnen. Dennoch haben die Bürger sich längst zu eigen gemacht an kleinen Ständen rund um das Konferenzzentrum zu präsentieren, was ihnen wichtig ist: ihr Leben in der UEE, sei es nun als Rennveranstalter, Radiomacher oder Hersteller von Kartenspielen. Wer wollte nicht schon immer einmal am Lagerfeuer auf einem fernen Planeten sitzen und bei ein paar kühlen Smolz auf Spielkarten eine Superhornet gegen einen Vanduul-Jäger antreten lassen? Die Citizens des Empires wissen, wie sie sich feiern. Am Ende ist die „CitizenCon“, wie sie heute existiert, eine Verkörperung ihrer ureigensten Idee.

Während neue Citizens vereidigt werden und in stundenlangen Vorträgen Bahn brechende Perspektiven für das Verse präsentiert werden, sorgen die Stände, der Austausch und der Besuch der vielen Citizens dafür, dass die „CitizenCon“ einem Volksfest gleich zelebriert wird. Die Bürger des Empires erinnern sich damit selbst daran, wie wichtig Bürgerschaft ist und halten diese als Ideal hoch:  „Citizenship muss man sich verdienen.“ Sie ist erstrebenswert – unabhängig davon, wie bescheiden die eigene Herkunft oder wie schwierig die Reise bis hierher war. So gilt nach wie vor, was Imperatorin Toi während ihrer Eröffnungsrede bei der „CitizenCon“ im Jahr 2793 sagte:

„Das United Empire of Earth  ist ein Traum, der nur durch die Unterstützung der Menschen möglich ist. Es ist eine Reflektion des Universums, das sie haben wollen und für dessen Erhaltung sie kämpfen werden. Solange die Bürger stark bleiben, wird es auch das Empire sein.“

Anders gesagt: So lange der Wind weht, so lange trägt er neue Früchte heran.

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